Kunst verbindet

Kunst und Forschung zwischen Berlin und Basel

Kunst und Behinderung

Die Künstlerin Frida Kahlo und der Künstler Vincent van Gogh hatten beide selbst eine Behinderung. Sie haben dadurch in ihrem Leben immer wieder Hindernisse gespürt. In ihren Kunstwerken verarbeiten sie diese Erfahrungen.

Frida Kahlo ist bekannt für die Bilder von sich selbst, ihre Selbst-Porträts. Die Bilder haben gleichzeitig eine lebhafte und eine schmerzliche Seite.

Frida Kahlo hatte als junge Frau einen schweren Unfall und außerdem eine chronische Krankheit. Sie litt ihr Leben lang unter Schmerzen. Mit ihren Bildern zeigte sie: Ich leide unter den Schmerzen, aber ich bin trotzdem stark.

Vincent van Gogh ist auch sehr bekannt für seine Bilder. Er malte mit kräftigen Farben und sehr lebhaft. Aber Vincent van Gogh war sein Leben lang psychisch krank. Manchmal ging es ihm gut und manchmal sehr schlecht.

Diese verschiedenen Gefühle verarbeitet er in seinen Bildern.

Auf den Bildern von Frida Kahlo und von Vincent van Gogh sehen wir Freude und Schmerz. Kunstwerke zeigen uns oft sehr viel über die Gefühle der Künstlerinnen und Künstler. Und sie zeigen ihre Sicht auf die Welt.

Die Bilder von Frida Kahlo und Vincent van Gogh sind auch Beispiele dafür: Kunst kann uns bei Herausforderungen helfen.

Mit Kunst können wir unsere Gefühle ausdrücken und Schwierigkeiten verarbeiten.

Deshalb haben wir uns in unserer Kunstgruppe und unserer Forschungsgruppe mit den Bildern von Frida Kahlo und Vincent van Gogh beschäftigt. Ihre Kunstwerke haben uns Ideen gegeben.

Dadurch sind eigene Bilder und Texte entstanden.

Mit unseren Bildern und Texten wollen wir zeigen: Alle Menschen mit oder ohne Behinderung können Kunstwerke schaffen.

In jedem Kunstwerk finden wir eine eigene Geschichte und eine eigene Sicht auf die Welt.

Die Sternennacht nach Van Gogh
Evelyn Groh
2023
100×80 cm Acryl auf Leinwand

Gedanken aus der Forschungsgruppe zu Kunst und Behinderung
“Was ist Kunst?”

Was ist Kunst? Was nicht? Wer entscheidet darüber, was Kunst ist? Was «gute» Kunst ist?

Scham, beschämt werden durch Lehrpersonen in der Schule, Machtausübung: «Das ist nicht schön gemalt», «Das könnte meine kleine Tochter besser zeichnen!»

Kunst von Menschen mit Behinderungen: «Das sind ja gar keine richtigen Künstler*innen», «Da könnte ich ja auch ein Bild malen und verkaufen»

Ist das Kunst oder kann das weg?

Ein Aspekt von Kunst: Kunst ist die Fähigkeit von jemandem, seine Gefühle/Gedanken auf eine kreative Art zum Ausdruck zu bringen.

Kunst ist das Ergebnis einer schöpferischen Auseinandersetzung eines Menschen mit der Welt.

Kunst ist Welterkundung.

Wenn Kunst zur Ware wird: Sie kann gekauft werden und wird dann auch als solche (Kunst) bezeichnet.

Jede und jeder kann Künstlerin, Künstler sein.

Namen/Brands machen den Preis/Kunst aus.

Was als Kunst gilt, ist eine Konvention.

u-Musik (unterhaltend) vs. e-Musik (ernsthaft)

Impressionismus galt anfangs nicht als Kunst.

Kunst von Menschen mit/ohne Beeinträchtigung.
Zwei Arten von Kunst: 1) Strebt an, möglichst realistisch etwas abzubilden 2) Strebt an, Gefühle zum Ausdruck zu bringen (ohne konkreten Zusammenhang zur äußeren Wirklichkeit).

Karl Valentin (Münchener Komiker) sagt: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.

Kunst ist können (als Möglichkeit, nicht als Fähigkeit).

Zwei Bedeutungen von „Künstler:in“: Das Sich-durchmogeln (negativ) und das Anerkennen von Fähigkeiten (positiv).

Zitat von Charles Bukowski: „Ein Intellektueller drückt etwas Einfaches kompliziert aus, ein Künstler drückt etwas Kompliziertes einfach aus.“

Poetische Bilder sind materielle Träume.

Kunst entsteht im Auge der Betrachtenden.

Diese Aufzählung zeigt, dass der Kunstbegriff nicht eindeutig bestimmt und bestimmbar ist. Er ist abhängig von Orten, Zeiten und somit von jenen Situationen, in denen etwas als Kunst bezeichnet wird.

Rosen nach Van Gogh
Hanh Hoang Thi
2024
100×100 cm Acryl auf Leinwand
Früchte nach Frida Kahlo
Barbara Merkel
2023
100×80 cm Acryl auf Leinwand

Gedanken aus der Forschungsgruppe zu Leiden und Kunst

«Es ist viel darüber diskutiert worden, ob ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Leiden und Kunst (Hervorhebung Forschungsgruppe Kreativwerkstatt), Krankheit und Schaffenskraft, der emotionalen Befindlichkeit eines Künstlers und seiner Produktivität besteht. Etliche Schriften unterstützen die These, dass vor allem psychischer Schmerz so inspirierend wirken kann wie eine Muse. Diese kann beflügeln, sobald die Melancholie nachgelassen hat. Sei entflammt die Seele und lässt Schmerz zu Farbe werden» (Martin-Gropius-Bau (2010). Frida Kahlo. Retrospektive, S. 52).

Forschungsgruppe Kreaativwerkstatt:
«Als ich in der Klinik und total psychotisch war, habe ich gegenständlich gemalt, riesige Bilder gemacht. Und so kann ich nicht mehr malen. Das Größte war 260cm x 180cm. Ich hatte einen anderen Zugang, da ist es gegangen. Beim Schreiben ist es ähnlich. Ich schreibe fast nur, wenn ich in der Klinik bin. Und dann schreibe ich sehr viele Texte. Im Nachhinein kann ich mich gar nicht mehr daran erinnern, was ich geschrieben habe und wie ich das gemacht habe».

«In der Krisenintervention haben sie mir jeweils beim Eintritt einen Block mit Mandalas gegeben. Da konnte ich mir eines aussuchen und es ausmalen. Auch um mich zu zentrieren, zu strukturieren. In manischen Phasen fiel mir das eher schwer, hatte etwas Einengendes, diese Felder auszumalen. In depressiven Phasen ist mir das gelegen, hat mir geholfen, mich zu konzentrieren».

«Wenn ich in einer Depression bin oder es mir sonst nicht geht gut, kann ich gar nichts machen, bin nicht kreativ. Wenn ich aber in eine manische Phase komme, kann ich aus mir herauskommen, kreativ sein und viel produzieren, z.B. Texte schreiben».

«Ich habe mit Mandalas begonnen, als ich noch stark psychotisch war. Das fand mein Psychiater auch gut, weil mich das zentriert hat. Mandala malen war eine Art Ventil, eine Ausdrucksmöglichkeit und es hat mir geholfen, mich zu strukturieren.

Selbstportrait mit Affen nach Frida Kahlo
Doreen Müller
2023
50×50 cm Acryl auf Leinwand

«Super!» «Spitze!»
Das Bild wirkt fröhlich durch die Farben, den Ausdruck und den Pinselduktus. Strahlt Lebensfreude aus. Es hat Bewegung drin, wirkt lebendig. Man kann Frida Kahlo wegen der Augenbraue erkennen. Äffchen sitzen auf den Schultern. Die Person auf dem Bild hält Blickkontakt mit der betrachtenden Person.
Die Technik und die Pinselführung erinnern an Bilder von van Gogh. Die Farben wirken harmonisch, sind überwiegend hell, außer Äffchen, Haare und Brauen sind schwarz. Hat etwas von einem Sonnenuntergang. Wirkt beruhigend. Vielleicht weil es an einen Sonnenuntergang erinnert. Viele Bilder von Frida Kahlo drücken Leid aus. Diese Interpretation löst bei uns Wärme und Freude aus.
Forschungsgruppe Kreativwerkstatt
Sonnenblumen nach Van Gogh
Karl-Heinz Päudler & Clara Escalera
2023
50×50 cm Acryl auf Leinwand
Schwertlilien oder Les Iris nach Van Gogh
Ingo Wall
2024
30×24 cm Acryl auf Leinwand
Sylvester nach Van Gogh
Hanh Hoang Thi
2024
30×24 cm Acryl auf Leinwand
Mandelbaumzweige nach van Gogh
Hanh Hoang Thi
2024
30 x 24 cm Acryl auf Leinwand

Die Betrachterin, der Betrachter steht unter dem Baum und
blickt durch die blühenden Zweige in den Himmel. Das Bild wirkt wie reingezoomt, ein vergrößerter Ausschnitt.
Forschungsgruppe Kreativwerkstatt
Die Kirche von Auvers, Blick von der Apsis nach van Gogh
Ingrid Heß
2024
24×30 cm Acryl auf Leinwand

Das Bild erinnert an Art Brut. Schlicht, einfach abgemalt. Nur die wichtigsten Elemente sind enthalten, ohne Einzelheiten. Auf der Wiese/Ähre gibt es Details. Die Punkte könnten Blumen sein. Beim Original wurde viel mit Strichen bearbeitet, beim Bild hier mit Punkten. Der Himmel gefällt gut. Er ist ähnlich wie im Original, allerdings heller. Im Original ist der Himmel dunkler, wirkt unheilvoller. Das Bild ist im Vergleich zum Original abstrakt, schlicht und nicht perspektivisch. Die beiden Bilder (Original und Interpretation) unterscheiden sich, stehen sie nebeneinander, ähneln sie sich aber.
Forschungsgruppe Kreativwerkstatt
Sonnenblumen nach van Gogh
Petra Pfabe
2024
24×30 cm Acryl auf Leinwand

«Sonnenblumen sind meine absoluten Lieblingsblumen».
Das Bild wirkt lebendiger als «der van Gogh», gefällt besser, ist weniger steril, wirkt positiver, heller, öffnet, berührt stärker.
Es wurde genial gelöst, weniger detailliert. Ausa mehreren Sonnenblumen wurde eine große Sonnenblume. Die gesamte Fläche vom Bild wird ausgefüllt, ohne dass es zu voll oder bedrückend wirkt. Die Sonnenblumen könnten auch eine große Kerze sein, die das Bild erhellt.
Forschungsgruppe
Kreativwerkstatt
Erinnerung an den Garten in Etten
Michael Albrecht
2024
30×24 cm Acryl auf Leinwand
Krähen über Weizenfeld nach van Gogh
Anja Bentsch
2023
30×24 cm Acryl auf Leinwand
Weizenfeld mit Zypressen 1-3 nach Van Gogh
Ingo Wall
2024
je20x50 cm Acryl auf Leinwand
Stillleben Früchte nach Frida Kahlo
Evelyn Weikinn
2024
20×50 cm Acryl auf Leinwand
Stillleben Früchte nach Frida Kahlo
Evelyn Weikinn
2024
20×50 cm Acryl auf Leinwand
Selbstportrait nach Frida Kahlo
Evelyn Weikinn & Emilia Fischer
50x50cm Acryl auf Leinwand

Die Frau auf dem Bild hat weder Augen noch Nase. Dafür sind Augenbrauen, die roten Lippen, der Haar- und Halsschmuck gut sichtbar. Dieses Bild steht im Kontrast zum Bild von Doreen Müller, wo die Augen der Person so prägnant sind und die Betrachter*in fast anstarren. Augen werden manchmal als das Fenster zur Seele beschrieben und hier fehlen sie. Was bedeutet das? Was bedeutet es, wenn einem jemand ohne Augen ansieht? Kleine Kinder glauben, wenn sie die Augen schließen, sieht man sie nicht.
Frida Kahlo erkennt man gut aufgrund der Augenbrauen, dem Haarschmuck und den roten Lippen.
Forschungsgruppe Kreativwerkstatt
Sternennacht nach van Gogh
Angelika Barth
2024
Aquarell auf Papier
Selbstportrait nach van Gogh
Anja Bentsch
2024
Aquarell auf Papier
nach van Gogh
Detlef Hampel
2024
Acryl auf Papier
Schlafzimmer nach van Gogh
Evelyn Groh
2024
Acryl auf Papier
Punkte_Studie zu van Gogh
Evelyn Groh
2024
Acryl auf Papier
Schlafzimmer nach van Gogh
Hans Jürgen Gzelak
2023
Acryl auf Papier
Punkte_Studie zu van Gogh
Karl-Heinz Päudler
2024
Acryl auf Papier
Weizenfeld mit Zypressen nach Van Gogh
Nicholas Ganz
2024
Acryl auf Papier

Mandala-Vorlage von Peter Ramisberger
aus der Forschungsgruppe Kreativwerkstatt

Peter Ramisberger malt an seinem Arbeitsplatz in der Kreativwerkstatt unter anderem Mandalas. Dazu sagt er:

«Mit Mandalas habe ich begonnen, als ich noch stark psychotisch war. Das fand mein Psychiater auch gut, weil mich das zentriert hat. Mandala malen war eine Art Ventil, eine Ausdrucksmöglichkeit und es hat mir geholfen, mich zu strukturieren».

Im Rahmen seiner Arbeit in der Forschungsgruppe Kreativwerkstatt hat Peter Ramisberger mit Begleitung von Irina Bühler seinen Prozess beim Mandala-Malen dokumentiert. Seine Mandalas und die entstandene Anleitung hat der Kunstgruppe Berlin als Vorlage für eigene Mandalas gedient. In der Ausstellung werden vier davon gezeigt.

Mandalas werden im Buddhismus zur Meditation verwendet. Weben in der Kreativwerkstatt hat für einige Mitarbeitende eine ähnliche Wirkung.
Das Gegenteil zum Mandala malen wäre dann der Expressionismus. In den Bildern der Kunstgruppe Berlin scheinen sich Mandala und Expressionismus zu vermischen.

Mandala nach Peter Ramisberger
Barbara Merkel
2023
40×40 cm Acryl auf Leinwand
Mandala nach Peter Ramisberger
Evelyn
2023
50×40 cm Acryl auf Leinwand
Mandala nach Peter Ramisberger
Petra Pfabe
2023
70×60 cm Acryl auf Leinwand
Mandala nach Peter Ramisberger
Karl-Heinz Päudler
2023
40×40 cm Acryl auf Leinwand